„Stolperstein“ Rentenversicherung

Die Altersvorsorge für Selbstständige spielt eine besondere Rolle, da grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der (Haupt-)Selbstständigkeit die Sozialversicherungspflicht entfällt und man von da an vor besonderen Herausforderungen der Altersplanung steht, bei der neben der Sicherheit auch die Liquidität und steuerliche Aspekte eine besondere Rolle spielen.

Selbstständige haben die Möglichkeit, freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzutreten. Durch Beitragszahlungen erwerben sie Ansprüche auf Altersrente, Erwerbsminderungsrente und Hinterbliebenenrente. Die Beiträge richten sich nach dem Einkommen und können steuerlich absetzbar sein. Es ist ratsam, sich individuell beraten zu lassen, um die beste Entscheidung für die eigene Altersvorsorge zu treffen.

Für bestimmte Personengruppen sind Mitgliedschaften verfplichtend

In Deutschland sind bestimmte Personengruppen dazu verpflichtet, Mitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung zu sein. Dazu gehören in erster Linie Arbeitnehmer, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Auch Auszubildende, geringfügig Beschäftigte (Minijobber) und bestimmte Personengruppen wie beispielsweise einige Beamte sind pflichtversichert. Daneben betrifft die Pflichtversicherung bestimmte Berufsgruppen, insbesondere Handwerker, Künstler, Publizisten, Hebammen und freiberufliche Lehrer.

Selbstständige hingegen sind in der Regel nicht automatisch pflichtversichert, sondern können auf freiwilliger Basis Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung werden. Ein Großteil der Selbstständigen schließt die Rentenversicherung in der Regel nicht automatisch ab, obwohl dies bei anderen Versicherungsarten durchaus üblich ist (beispielsweise Haftpflichtversicherung oder Krankenversicherung).

Alternative Formen der Altersvorsorge

Alternative Formen der Altersvorsorge neben der freiwilligen gesetzlichen Rentenversicherung sind beispielsweise die privaten Rentenversicherungen, eine betriebliche Altersvorsorge, Immobilien oder private Spar- und Anlageformen. Vor einem Abschluss ist es ratsam, individuelle finanzielle Ziele und Bedürfnisse zu bestimmen, um die sogenannte „Altersarmut“ zu vermeiden und nach der Berufstätigkeit eine ausreichende Altersversorgung zu haben.

Die „klassischen Selbstständigen“ sind Einzelunternehmer, Freiberufler oder Gesellschafter einer Personengesellschaft.

Eine Besonderheit ist bei Kapitalgesellschaften zu beachten: In einer GmbH – einer häufig verwendeten Gesellschaftsform – kann ein Gesellschafter zugleich auch ein Geschäftsführer sein. Diese Person kann als Geschäftsführer eine Vergütung erhalten, da vereinbart werden kann, dass die Person „im eigenen Unternehmen angestellt“ wird. In einem solchen Fall stellt die Sozialversicherung fest, ob der Geschäftsführer abhängig beschäftigt ist oder nicht. Dabei sind mehrere Faktoren zu beachten, unter anderem wenn die Person nur Geschäftsanteile von 50 Prozent und weniger besitzt. Eine Altersvorsorge, die diese besonderen Verhältnisse berücksichtigt, ist hier wichtig, um spätere Nachzahlungen an die Versicherungen zu vermeiden. Die Grundlage für die Vorsorge bildet in diesem Fall das sogenannte „Statusfeststellungsverfahren“. Dieses Verfahren dient in Deutschland dazu, den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Person zu klären. Dabei wird insbesondere festgestellt, ob eine Person als abhängig beschäftigt (Arbeitnehmer) oder als selbstständig tätig anzusehen ist. Das Statusfeststellungsverfahren wird oft durch die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen der Rentenversicherungsprüfung aufgenommen, kann aber auch aktiv durch die betreffende Person eingeleitet werden, am besten zu Beginn der Selbstständigkeit. Das Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens beeinflusst die Sozialversicherungspflicht und damit verbundene Pflichten wie beispielsweise die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (nicht nur Rentenversicherung – Krankenkasse ggf. Wahlrecht durch Überschreitung der Pflichtversicherungsgrenzen).

Selbstständige sollten aktiv werden

Für Selbstständige empfiehlt es sich, das Statusfeststellungsverfahren aktiv einzuleiten. Dadurch gewinnt man Klarheit über den eigenen rechtlichen Status und stellt sicher, dass die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge korrekt entrichtet werden. Sofern das Verfahren nicht aktiv geführt wird, erfolgt alle vier Jahre eine Kontrolle durch die Versicherung im Rahmen der Rentenversicherungsprüfung.

Eine Rentenversicherungsprüfung bezieht sich auf die Überprüfung von Versicherungsansprüchen und Beitragszeiten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung. Während einer Rentenversicherungsprüfung werden die eingezahlten Beiträge, Versicherungszeiten und andere relevante Faktoren überprüft, um sicherzustellen, dass die Rentenansprüche korrekt ermittelt werden. Dabei können auch eventuelle Unstimmigkeiten geklärt oder fehlende Unterlagen nachgereicht werden.

Es kommt häufig vor, dass ein Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist, als „versicherungsfrei“ eingestuft wird, und zwar ohne Statusfeststellungsverfahren, sondern aufgrund der Annahme, dass der Arbeitsvertrag keine „weisungsgebundene“ Tätigkeit vorsieht. In diesem Zusammenhang sollten allerdings immer der Gesellschaftsvertrag und die Stimmrechte sowie die aktuelle Rechtslage geprüft werden. Liegt der Gesellschaftsanteil unterhalb von 50 %, so besteht meistens eine Rentenversicherungspflicht, selbst unter Berücksichtigung von Darlehen, Bürgschaften und dem Unternehmerrisiko.

Handelt es sich bei der Gesellschaftsform um eine GmbH & Co. KG, muss die Rentenversicherungspflicht im Detail vor dem Hintergrund der Komplementär-GmbH und einer möglichen Beteiligung an beiden Gesellschaften geprüft werden.

Prüfung kann existenzbedrohend sein

Eine Prüfung und Feststellung der Rentenversicherungspflicht kann mitunter existenzbedrohend sein. Hier ein Beispiel: Bei einer Geschäftsführer-Vergütung von 70.000 Euro entstehen pro Jahr Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 13.020 Euro. Da die Prüfung erst nach vier Jahren stattfindet, beträgt die Rückforderung 13.020 Euro x 4 Jahre = 52.080 Euro, zzgl. Säumniszuschläge in Höhe von einem Prozent im Monat. Auch für den ältesten Monat fallen so mindestens 48 Prozent an! Hinzu kommt, dass im Jahr der Prüfung auch keine Beiträge abgeführt worden sind, also die Gesamtnachzahlung schnell 70.000 bis 85.000 Euro betragen kann.

Selbstständige sollten individuell abwägen, welche Altersvorsorge für sie die geeignete ist: Die gesetzliche Rentenversicherung bietet zwar besondere Services wie etwa die Hinterbliebenen- und die Erwerbsminderungsrente, ist aber in der Regel die unattraktivste Form der Altersvorsorge, wenn es um die Rendite geht.

Die oben aufgezeigten Alternativen bieten im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr Flexibilität. Sofern es möglich ist, sollte also die Versicherungspflicht vermieden und eine passende Alternative gewählt werden. Dabei ist neben der voraussichtlichen Rentenhöhe auch der Rentenbeginn zu beachten.

Viele Selbstständige schieben dieses Thema auf und betreiben keine Altersvorsorge. Es lohnt sich jedoch, aktiv zu werden – dadurch lassen sich sowohl nachträglich anfallende hohe Nachzahlungen (im Rahmen der Rentenversicherungsprüfung) als auch Altersarmut vermeiden.

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